Synopsis
Der Film „Meine ferne Familie“ ist ein autobiographischer Film des Regisseurs Helmut Schulzeck über sein Verhältnis zu seinem kenianischen Schwiegervater, Papa Wangechi, und dessen Familie. Es geht dabei besonders um das gegenseitiges Verstehen trotz aller Fremdheit der Kulturen und ihrer Schwierigkeiten miteinander. Papa und seine Familie haben Wünsche und Ansprüche an Helmut. Der möchte dazu gehören. Der Film ist ein Dokument gegenseitiger Fremdheit, die trotz aller Sympathie und Neugierde nur begrenzt überwindbar scheint.In der Weihnachtszeit ist Helmut meist für einige Wochen in Kenia und besucht dort mit seiner Frau ihre Kinder, seinen Schwiegervater, Papa Wangechi und dessen Familie.
Helmut hat seine Frau Wangechi vor einigen Jahren mit samt ihrer vier Kinder aus erster Ehe und ihrer großen kenianischen Familie geheiratet. Er hat das getan, ohne ihre Familie vorher zu fragen, was ich nach Stammessitte eigentlich nicht durfte. Wangechi und Helmut haben ihre Familie einfach vor vollendete Tatsache gestellt. Doch dass hat ein langes, Jahre dauerndes Nachspiel. Alles was Helmut als Bedingung für eine nicht eingeholte Heiratserlaubnis hätte leisten müssen, soll nun von ihm nachgeholt werden. Ihm wird das erst allmählich bewusst.
Trotzdem glaubt er, schon ein „Sohn“ von Papa zu sein und versucht, die anderen und die für ihn fremde Kultur zu verstehen, obwohl manchmal bei allem Bemühen das Befremden zwischen beiden Seiten eher zunimmt.
Papa ist pensionierter Lehrer und wie viele Kikuyus auch noch Landwirt. Zwei seiner Söhne leben noch auf seiner Farm. Es sind die Zwillingsbrüder Paul und John. Auch sie spielen eine Rolle im Film. Paul hat Wünsche, auch an Helmut. John ist eher bescheiden und zufrieden mit seiner Existenz.
Bei seinen Besuchen auf der Farm wird Helmut mit dem Alltag seiner afrikanischen Familie, ihren Freuden, Sorgen und Nöten konfrontiert. Er löchert sie nicht selten mit seinen Fragen, sie geben ihm Antworten, konfrontieren ihn, ihren neuen „Sohn“ bzw. „Bruder“, aber auch mit Wünschen und Vorurteilen.
Zu seinem Schwiegervater hat sich dabei ein besonderes Verhältnis entwickelt, das von gegenseitigem Anspruch und Humor geprägt ist. Dabei macht Helmut immer wieder die Erfahrung, dass zwischen ihren Kulturen Welten liegen. Er sieht zwar den anderen und das andere, fragt nach, erhält Antworten, glaubt zu verstehen und hat doch des Öfteren wenig begriffen oder kann es nur schwer akzeptieren. Vielleicht ist ihm das nur bewusster als seinen afrikanischen Verwandten.
Der Film dokumentiert auf seiner Entdeckungsreise in den ländlichen Kikuyu-Alltag dieses „soziale“ Ping-Pong-Spiel zwischen Helmut und seiner afrikanischen Familie, bei dem selbst seine Frau einen nur für ihn erstaunlichen Kontrapunkt setzt.
Zwei Versionen verfügbar, mit deutschen und englischen Untertiteln.
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Besprechung des Film von Jörg Meyer auf www.infomedia-sh.org/index.php... :
Expedition in die ferne Nähe
„Meine ferne Familie“ (Helmut Schulzeck, D 2011)
Freiwillig unfreiwillig komisch wirkt Helmut Schulzeck, wenn er im Angesicht der Kinder seiner angeheirateten kenianischen Familie die Ziege zu bändigen versucht, die sein – verspätetes – Brautgeschenk sein wird, aber jetzt nur so störrisch ist wie die ganzen Verhältnisse im fernen Afrika.
Nach „Du bist mein Afrika – eine schwarz-weiße Liebesgeschichte“ drehte der Kieler Dokumentarfilmer und Wanderer zwischen zwei Welten seinen zweiten Film über „Meine ferne Familie“. 2006 heiratete er Wangechi, seine kenianische Liebe, die er in Südafrika kennengelernt hatte, in Kiel, Deutschland. Ein Akt, der bei Wangechis Familie im fernen Afrika zwar akzeptiert, aber nicht eben begeistert aufgenommen wurde. Denn der „Mzungu“, der weiße Mann aus dem aus deren Sicht nicht minder fernen Europa, ist Wangechis Familie fremd, auch wenn er das dort übliche Brautgeschenk nachträgt, die Ziege. Die ist so störrisch wie zugleich vertraut – wie die „ferne Familie“ in Afrika, die Schulzeck in seinem Film beobachtet und porträtiert. Im Zentrum ihr Patriarch „Papa Wangechi“. Helmut lässt sich beim Besuch nach der Heirat als der filmen (Kamera: Hans Albrecht Lusznat), der er dort ist: ein nicht ganz ernst zu nehmender Schwiegersohn, aber auch der vermeintlich reiche Gewinn der Familie. Wangechis Bruder Paul ist unverhohlen, wenn er seinem Schwager Geld für einen neuen Traktor abpressen will. Allein, das hat Helmut ebenso wenig wie das für Schwiegerpapas Auto, das er ihm nicht kaufen kann, was der Vater der afrikanischen Familie kaum verstehen kann.
Schulzecks Expedition in die Fremde zeigt diese Missverständnisse gegenseitiger Vorurteile „on site“ und „in action“. Das hat etwas Berührendes vor allem darin, wenn man sieht, wie die unterschiedlichen und in manchem unvereinbaren Kulturen sich dennoch bemühen, Brücken über Kontinente zu schlagen, weil da schon einmal eine gemeinsame Liebesgeschichte ist. So sehen wir ein beständiges Ringen, besonders in den Gesprächen Helmuts mit seinem kenianischen Schwiegervater, um ein Einverstandenes, das es so nicht geben kann, das sich gleichwohl in viel Humor ergibt. Denn Schulzecks Expedition in die ferne Fremde ist immer auch eine Annäherung, ein – in seinem Ungelingen dennoch gelungener – Versuch sich zu verständigen.
So hat er auch ein ungemein liebevolles Auge auf die Probleme seiner „fernen Familie“. Woher kommt Rettung für den rotten Traktor? Welche Kuh sollten wir kaufen? Wie kommen wir mit den marodierenden Räubern klar, die uns das Vieh stehlen? Und wie kann man überhaupt (über-) leben in einem Teil Afrikas, der sich gerade erst globalisiert und die – zweifelhaften – Segnungen westlichen Lebensstils erwirbt?
Der „schwarze Kontinent“ ist uns Europäern nach wie vor fremd. So braucht es Botschafter wie Schulzeck, die sich darauf einlassen, die auch wagen, sich darin „zum Affen“ machen zu lassen. Denn in Afrika leben selbstbewusste Menschen, die wir als ehemalige Kolonialisten und Ausbeuter vielleicht am besten verstehen, wenn wir uns zu dem machen, zu dem wir sie einst erklärten. Helmuts Expedition in die afrikanische Fremde, die er liebend gewann, ist auch ein Film über die Hoffnung. Die Hoffnung, dass wir Menschen uns über die Grenzen von Ländern und Kontinenten hinweg verstehen können. Weil wir uns lieben. Und diese Liebe der Menschen über alle Grenzen und Fremden macht uns gemeinsam. Nicht zuletzt das zeigt Schulzecks Film in all der Fremde und Ferne eindringlich. (jm)
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The film "Meine ferne Familie” (“So Close And Yet So Far“) is an autobiographical documentary about the director, Helmut Schulzeck and his relationship with Papa Wangechi, the director’s Kenyan father-in-law and his family. It shows in particular their understandings of each other despite cultural backgrounds as distant and as different from each other as those of Germany and Kenya. And the film reveals the difficulties that arise from these differences relentlessly. Papa and his family have a number of things not only to wish for but even to claim from Helmut. And Helmut wants to be a fully-fletched member of his in laws. The film is a documentary about mutual otherness which despite an honest appreciation and curiosity for each other seems to be only partially surmountable.
Almost every year around Christmas Helmut and his wife Wagenchi spend a few weeks in Kenya to celebrate the festive season and to visit their children as well as the in-laws.
Several years ago Helmut married his wife Wangechi and her four children from her first marriage and all members of the extended family. He did so without asking her family for permisssion first. Instead they confronted the family with facts. According to customary law they were not allowed to do this. As a result everything Helmut has to do to make up for this failure to ask is now due gradually stretched over years to come. It is only now that he realizes this.
Nevertheless he believes that he already is a son of Papa by trying to understand how both the family and the still foreign culture work. However, despite mutual appreciation and understanding it is a disturbing astonishment that has taken over in their relationship at times.
Papa is a retired teacher and like many Kikuyu-men also a farmer. He lives on his farm with two of his sons, the twins Paul and John who also play a role in this documentary. Paul has a wish-list, also for Helmut. John is rather humble and content with his life.
During his visits to the farm Helmut is confronted with the family’s daily routine, their joys and sorrows, their wants and needs. He keeps asking them questions which they willingly answer, telling their ‘new son’ and ‘new brother’ respectively about their demands, their rights and their prejudices.
Year by year the relationship between Papa and Helmut has developed especially well and fast. It is based on mutual respect and the ability to look at things with a sense of humor. And it is here where Helmut has experienced again and again that the German culture and the Kenyan culture are worlds apart. Helmut does see the other being, he also sees the other system of reference, he believes to understand, but more rather than less often he does not or he may only find it more difficult to accept or just be more conscious of it than his African relatives.
During the expedition through rural Kikuyu areas the film documents “the back and force”-style of communication between Helmut and his African family. It also shows which sides Helmut’s wife Wangechi takes.
Helmut Schulzeck